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Besuch von Papst Franziskus bei den Erstkommunionkindern in einer römischen Pfarrei

Beten in schweren Zeiten

 Beten in schweren Zeiten   TED-016
19. April 2024

Eine Stunde Katechismus mit dem Papst: Diese seltene Gelegenheit hatten am Donnerstagnachmittag, 11. April, 200 Kinder, die sich in einem römischen Vorort im Osten der Hauptstadt auf die Erstkommunion vorbereiten. In einem offenen Gespräch beantwortete der Papst ihnen auch Fragen zu Krieg, Glauben und Krankheit. Es handelte sich um den Auftakt zur »Schule des Gebets«, in deren Rahmen der Papst im aktuellen Jahr des Gebets verschiedene Gläubige in der Diözese Rom treffen wird.

Es war ein gut gehütetes Geheimnis, nur wenige wussten, dass Papst Franziskus höchstpersönlich diese ganz besondere Katechismus-Stunde leiten würde. Entsprechend groß war das Staunen, als vor dem Eingang zum Pfarrsaal der weiße Fiat 500 L mit dem Kennzeichen SCV vorfuhr, in dem Papst Franziskus sich normalerweise außerhalb des Vatikans bewegt. Schauplatz: Die Pfarrei San Giovanni Maria Vianney in Borghesiana, einem Vorort an der äußersten östlichen Peripherie Roms, wo rund 200 Kinder sich mit einem zweijährigen Katechismusunterricht auf das Sakrament der Erstkommunion vorbereiten.

Nach der Begrüßung durch den Pfarrer Marco Gandolfo und von Erzbischof Rino Fisichella, dem Pro-Präfekten des Dikasteriums für die Evangelisierung und Organisator des Treffens, grüßte der Papst die Anwesenden mit einem Winken – und von da ab gab es kein Halten mehr. Wie Papst Franziskus selbst immer wieder gerne anmahnt, die jungen Leute sollten »Lärm« machen, »lío« auf Spanisch, so reagierten auch die Kinder, die in dem Drang, dem Papst nahe zu kommen, geradezu übereinander kletterten. »Mir wurde gesagt: Seien Sie vorsichtig, Herr Papst, denn die Kinder machen Lärm. Stimmt das?«, wandte sich Franziskus mit einem Augenzwinkern an die Kinder.

Mit den Jungen und Mädchen aus Grund-und weiterführenden Schulen, die sich auf ihre Erstkommunion vorbereiten, eröffnete der Papst etwa eine Stunde lang die »Schule des Gebets«, das erste von mehreren geplanten Treffen im Jahr des Gebets, das Franziskus als geistliche Vorbereitung auf das Heilige Jahr 2025 ins Leben gerufen hatte. Diese Treffen stellen in gewisser Weise eine Verbindung zum Heiligen Jahr der Barmherzigkeit 2016 her, bei dem der Papst an den »Freitagen der Barmherzigkeit« ein Jahr lang monatlich einen Ort in der Hauptstadt besucht hatte, um mit Menschen zusammenzutreffen, die am Rande der Gesellschaft leben oder in Not geraten sind.

Fragen und
Antworten

Die aktuelle Reihe von Begegnungen sollte mit den Kindern beginnen. Ohne sich durch die Anwesenheit des Kirchenoberhauptes einschüchtern zu lassen, sprachen sie frei von der Leber weg und stellten dem Papst bewegende Fragen über den Tod, über die Liebe zur Familie und zu Freunden, die Sorgen und Freuden des Lebens und die Bedeutung des Gebets. Franziskus nahm sich die Zeit, jedes der Kinder zumindest mit einem Handschlag zu begrüßen. Doch am Ende verweilte er ein paar Sekunden bei der kleinen Alice, die mit ihren 10 Jahren im Rollstuhl sitzt, um ihren Kopf zu streicheln.

»Ich werde keine Ansprache halten, weil das langweilig ist, aber ich werde eure Fragen beantworten«, eröffnete Franziskus die Begegnung. Und er hielt Wort: Etwa 50 Minuten lang widmete er sich den Kindern, indem er im Chor die Worte wiederholen ließ, die man sich gut einprägen sollte (»Danke«, »darf ich?« und Entschuldigung«, die wichtigsten), indem er darauf achtete, alle zu Wort kommen zu lassen (»Du hast ja schon gesprochen, noch einer!«), indem er diejenigen einlud, die zu schüchtern waren, um mutig zu sein (»Kommt her, sagt es ins Mikrofon!«) oder indem er den Kindern dankte, die durchdachte Fragen gestellt hatten (»Du bist klug, du bist ein Philosoph«).

Papst Franziskus wollte den Kindern vor allem vermitteln, wie wichtig es sei, »für alles Danke zu sagen«: den Eltern, den Freunden, den Lehrern und Katecheten, aber vor allem Gott. »Es ist wichtig, für alles Danke zu sagen. Wenn du zum Beispiel in das Haus einer Person gehst und dich nicht bedankst oder nicht grüßt, ist das gut?« Besonders im Sinn hatte Franziskus dabei die Worte »Danke«, »darf ich?« und »Entschuldigung«: »Ist eine Person, die sich nie entschuldigt, gut? Es ist schwierig, sich zu entschuldigen, manchmal kommen Scham und Stolz ins Spiel. Aber es ist wichtig, sich zu entschuldigen, wenn einem ein Ausrutscher passiert ist. Drei Worte: Danke, Verzeihung, Entschuldigung.«

Beten auch in den dunklen Momenten des Lebens

Im Mittelpunkt des Dialogs stand das Thema des Gebets, das, so der Papst, auch in den »dunklen Stunden« des Lebens nicht fehlen darf. »Welche sind das?«, fragte der Papst seine jungen Gesprächspartner: »Wenn jemand stirbt, wenn jemand in Ohnmacht fällt, wenn man sich mit einem Freund streitet«, riefen die Kinder durcheinander. Eine der bewegendsten Fragen kam von Alice: »Wie kann ich dem Herrn in der Krankheit danken?« »Auch in dunklen Stunden müssen wir dem Herrn danken, denn er gibt uns die Geduld, Schwierigkeiten zu ertragen. Lasst uns gemeinsam sagen: Danke, Herr, dass du uns die Kraft gibst, den Schmerz zu ertragen«, antwortete der Papst.

Eine ganz besondere Katechismusstunde

»Aber betet ihr auch? Wie betet ihr? Was könnt ihr dem Herrn sagen?«, fragte Franziskus weiter. Eines der Kinder stand auf und erzählte, dass er und seine Familie immer vor dem Essen beten. »Er hat etwas Wichtiges gesagt. Aber wisst ihr, dass es so viele Kinder gibt, die nichts zu essen haben? Danke ich dem Herrn, dass er mir zu essen gibt? Danke ich ihm, dass er mir eine Familie geschenkt hat?«

Eine weitere Frage berührte das Thema des Glaubens. »Seid ihr Christen?«, fragte Papst Franziskus. »Habt ihr Glauben? Lasst es uns gemeinsam sagen: Danke, Herr, dass du mir den Glauben geschenkt hast.« Andere Kinder fragten, warum es den Tod und die Einsamkeit gibt, während Sofia, die in ein paar Tagen die Kommunion empfangen wird, eingestand, dass sie von den Nachrichten über die Kriege erschüttert sei. Auch hier eine Frage: Wie kann man in einer so tragischen Zeit »Danke« sagen? »Wir müssen immer danke sagen, zu jeder Zeit. Ich gebe euch einen Rat«, schloss der Papst, »bevor ihr schlafen geht, denkt: Wofür kann ich dem Herrn heute danken? Dankt ihm!«

Gebete und
Geschenke

Mit launigen Worten – »Langweilt ihr euch? Ich gehe jetzt« – und weiteren Fragen beendete Franziskus das Treffen, indem er mit den Kindern ein eigens für diesen Anlass verfasstes Dankgebet vortrug, das auf einem Faltblatt mit dem Logo des Heiligen Jahres gedruckt war. An jeden verteilte er Rosenkränze: »Ich habe euch Rosenkränze und auch Schokoladeneier mitgebracht. Was möchtet ihr, Rosenkränze oder Eier?« Widersprüchliche Antworten der Kinder riefen Gelächter bei den Katecheten hervor. Ihnen und den anwesenden Priestern überreichte der Papst die ersten sechs Bände der Reihe »Appunti sulla Preghiera« (etwa: »Notizen zum Gebet«), die von der ersten Abteilung des Dikasteriums für die Evangelisierung zur Unterstützung des pastoralen Lebens im Hinblick auf das Heilige Jahr veröffentlicht wurden.

Gruß auf
der Straße

Ein Halleluja-Lied begleitete Franziskus, als er den Saal verließ. Draußen, hinter den Absperrungen, warteten die Eltern der Kinder auf den Bischof von Rom: »Hallo Papst! Papst, segne uns!«, riefen auch sie sichtlich erfreut über die seltene Begegnung. Es war nur ein flüchtiger Moment; viel länger dauerte die Fahrt zurück auf die Straße, wo Gemeindemitglieder und Einheimische versuchten, sich dem Auto zu nähern, indem sie »Viva il Papa« riefen oder darum baten, dass er ihre Kinder segne. Franziskus ließ den Fiat mehrmals anhalten, um Kinder in Kinderwagen zu streicheln oder Rosenkränze zu verteilen. Dann verabschiedete er sich von diesem Randgebiet der Hauptstadt und kehrte nach Santa Marta zurück, mitten im Abendverkehr und unter den staunenden Blicken der Passanten.

Von Salvatore Cernuzio und
Christine Seuss, Vatican News